Waldfotografie – Tipps vom Profi

Blick am Stamm zur Baumkrone
Wald an.
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Fotokamera blickt in den Wald

Ein Gastbeitrag vom Fotografen Klaus-Peter Kappest

Bild 1

Die Eindrücke von einem Waldspaziergang mal eben mit dem Handy oder einer Kamera festhalten, das ist schnell gemacht. Spätere Betrachter dieser Fotos sehen aber oft – buchstäblich – den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Sie fragen sich: Warum hat der Fotograf bloß dieses Bild gemacht? Es ist die Aufgabe des Fotografen, etwas Ordnung in die Vielfalt des Waldes zu bringen, damit der Bildbetrachter möglichst auf den ersten Blick versteht, was den Fotografen veranlasst hat, die Kamera zu zücken. Um das zu erreichen, ist oft die Bildgestaltung wichtiger als viele technischen Kniffe.

Wer bessere Fotos im Wald machen möchte, denkt oft: Dafür bräuchte ich eine bessere Kameraausrüstung. Meist ist das falsch. Mit jedem Handy kann man schon eindrucksvolle Waldbilder aufnehmen. Natürlich sind für perfekte Fotos oft viele Aspekte wie Wetter und Licht, Filter und Stative, Farben und Linienführung sowie vor allem eine Vielzahl von klugen Kameraeinstellungen zu Belichtung, Weißabgleich, Schärfe und vielem mehr durchaus hilfreich. Noch viel wichtiger sind aber drei sehr einfache Gestaltungsregeln, die jeder beherzigen kann, egal ob er mit einer teuren Spiegelreflexausrüstung oder dem Handy fotografiert. Diese drei Gestaltungsregeln beeinflussen so grundlegend die Bildwirkung eines Waldfotos, dass die übrigen (vor allem technischen) Kriterien erst dann wirklich Bedeutung erlangen können, wenn die Gestaltungsgrundlagen eines Bildes stimmen.

Weniger ist mehr

Fotografen haben oft das Bedürfnis, möglichst die ganze Szene einzufangen, die sie begeistert. Eine solches Szene im Wald kann sehr komplex sein, mit vielen ungeordneten, konkurrierenden Linien und Farben sowie mit einem extremen Kontrast. Vieles übersehen wir dabei vor Ort, weil es uns vollkommen selbstverständlich erscheint, dass jeder sofort erkennen muss, was uns gerade motiviert hat, zur Kamera zu greifen. Je voller das Bild ist, desto schwerer wird das aber für den Betrachter, der nicht in der Situation dabei war. Je einfacher wir es machen, auf den ersten Blick zu erkennen, was wir mit dem Foto zeigen wollen, desto eher begeistern unsere Fotos nicht nur uns selbst. Deshalb müssen wir alles weglassen, was nicht zur unmittelbaren Bildaussage dazu gehört.

Das ist die schwierigste Aufgabe beim Fotografieren überhaupt. Vor jedem Druck auf den Auslöser müssen wir uns fragen, was genau unsere Aufmerksamkeit erregt hat, was wir zeigen wollen und vor allem, was nicht. Wir dürfen nicht nur auf das Motiv schauen. Noch viel genauer müssen wir den Vordergrund und den Hintergrund absuchen, ob da noch irgend etwas Überflüssiges zu sehen ist. Dafür muss man sich bei jedem Foto ganz bewusst Zeit nehmen!

Bild 2

Hat man dann störende Elemente identifiziert, muss man sich überlegen, wie man sie los wird. Um ein Bild von störenden Elementen zu befreien kann es helfen:

  • näher heranzugehen,
  • in das Bild hineinzuzoomen (also eine längere Brennweite einzustellen),

und vor allem so lange immer wieder eine neue Perspektive auszuprobieren, bis weder im Vordergrund noch im Hintergrund etwas Störendes zu sehen ist. Achten Sie einmal auf wirklich gute Pressebilder in renommierten Zeitungen. Sie zeigen selten weite Übersichten, sondern meistens aussagekräftige Details, die als Teil für das Ganze stehen.

Bild 3

Helle Bildelemente ziehen den Blick an

Bei der Suche noch überflüssigen, störenden Elementen müssen wir vor allem auf helle Elemente im Bild achten. Helle Bildelemente ziehen den Blick automatisch an – ganz egal, worum es sich bei diesem Element handelt und ganz egal, ob das Element für das Bild eine Funktion hat oder nicht. Bei Waldbildern schleichen sich vor allem gerne im Hintergrund helle Flächen ein, die vor Ort bei dem Blick durch die Kamera gar nicht auffallen: z.B. sonnenbeschienene Büsche oder Grasflächen oder ein Stück durch die Ästen hindurchscheinenden Himmel. (Bild 2 im rechten, oberen Bildviertel)

Bild 4

Mit den unter „Weniger ist mehr“ beschriebenen Mitteln, sollte man solche hellen Flächen aus den Bildern verbannen. Wenn man an einem sonnigen Tag im Wald fotografiert, sollte wirklich nur das von der Sonne beschienen werden, was wir auch zeigen wollen. Deshalb entstehen viele gute Waldbilder eher an regnerischen oder zumindest wolkigen Tagen (Bild 1). An sonnigen Tagen sind die Kontraste im Wald oft viel zu hoch, um wirklich gute Bilder machen zu können. Sind ein paar Wolken unterwegs, lohnt es sich oft, zu warten, bis sie kurz die Sonne verdecken.

Weg mit Bäumen am Hang vor hohen Bergen
Bild 5

Stürzende Linien kontrollieren

Linien führen den Blick des Betrachters durchs Bild. Ein Wald ist oft ein Gewirr sich überschneidender Linien. Zu den Aufgaben des Fotografen gehört es nicht nur, durch das Weglassen allzu störender Linien für Ordnung zu sorgen, sondern auch darauf zu achten, nicht durch die Kamerahaltung für zusätzliche, schräge Linien zu sorgen.

Hält man die Kamera nicht vollständig gerade, sondern kippt sie nach hinten (um vielleicht einen Baum in ganzer Größe abzubilden), entstehen vor allem an den Bildrändern sogenannte „stürzende Linien“, die Bäume im Vordergrund standen eigentlich gerade). Vom Betrachter wird das als unnatürlich empfunden, das Auge irrt durchs Bild und dem Betrachter wird fast schwindelig. Um den Effekt zu vermeiden, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Am einfachsten ist es, wenn man die Kamera senkrecht hält und – wenn möglich – so weit zurück geht, bis alles auf dem Bild ist, was man zeigen möchte.
  • Zoomen, also eine lange Brennweite zu benutzen, hilft ebenfalls. Je länger die Brennweite ist, mit der man fotografiert, desto weniger stürzen die Linien an den Rändern.
  • Lässt sich ein Kippen der Kamera gar nicht vermeiden, tritt man am besten näher an die Bäume heran, kippt die Kamera stärker und lässt damit die Linien ganz extrem stürzen. Wichtig ist dabei, dass das Ende der Linien (also die Baumspitzen) mit im Bild sind. Durch diese Technik wird der Blick des Betrachters nach oben in die Baumwipfel gezogen. (Bild 6)
  • Lässt sich keines dieser Verfahren anwenden, so dass die stürzenden Linien unvermeidlich sind, sollte man zumindest darauf achten, dass sie auf beiden Seiten des Bildes im exakt gleichen Winkel stürzen. Dazu muss man behutsam den Kamerastandpunkt so lange nach links oder rechts verschieben, bis die Bäume an den Bildrändern sich im wirklich ganz exakt gleichen Winkel neigen. Leider werden dabei kleinste Abweichungen vom Betrachter schon negativ wahrgenommen
Bild 6

Haben Sie sich bei der Aufnahme eines Baumes schonmal Gedanken dazu gemacht, dass da Kohlenstoff gespeichert ist? Wenn Bäume wachsen und Holz aufbauen, dann betreiben sie Photosynthese. Der Kohlenstoff aus dem Kohlenstoffdioxid wird bei diesem Prozess im Holz fixiert und Sauerstoff wieder an die Atmosphäre abgegeben. Die Biomasse eines Baumes, also das Holz, macht hier den größten Anteil aus. Es enthält Kohlenstoff, der sich andernfalls als Bestandteil von Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre befinden würde und dort als Treibhausgas wirkt. Man kann sagen, dass etwa die Hälfte der Masse von trockenem Holz Kohlenstoff ist. Der Kohlenstoff im Holz ist so lang fixiert, bis er durch Zersetzung (zum Beispiel eines abgestorbenen Baumes oder eines heruntergefallenen Astes) oder Verbrennen wieder frei wird. Zusätzlich kann Kohlenstoff in langlebigen Holzprodukten, wie Holzgebäuden und Möbeln, sehr lange fixiert und den Kreisläufen von Werden und Vergehen draußen im Wald entzogen werden. Am Ende der Lebensdauer des Produkts kann es dann entweder noch einmal weiterverarbeitet werden oder zur Bereitstellung von Energie verbrannt werden. 2-3 ältere Baume halten übrigens ungefähr so viel Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre fern, wie ein Mensch in Deutschland im Jahr durchschnittlich ausstößt.

Weitere Informationen und Fotoworkshops zur Wald- und Wanderfotografie unter:
www.fotoworkshops-sauerland.de

Zum Wald gibt es viel zu sagen! Durch Gastbeiträge möchten wir anderen Perspektiven einen Raum geben, um unser Hauptthema, die Klimaschutzleistungen bewirtschafteter Wälder, in einen breiteren Kontext zu stellen und auch Leute von außerhalb der Forstwirtschaft zu Wort kommen zu lassen.

Bildnachweis

BildUrheberQuelle
Fotokamera blickt in den WaldB-LopaticAdobe Stock
Pilze im WaldKlaus-Peter Kappestkappest fotografie
Bäume vor FelsenwaldKlaus-Peter Kappestkappest fotografie
Bäume vorm FelsenKlaus-Peter Kappestkappest fotografie
Weg mit Bäumen am HangKlaus-Peter Kappestkappest fotografie
Weg mit Bäumen am Hang vor hohen BergenKlaus-Peter Kappestkappest fotografie
Blick nach oben zu bunten BaumkronenKlaus-Peter Kappestkappest fotografie