Umweltbildung aus der Flasche – die Waldgang bringt euch raus!

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Zum Wald gibt es viel zu sagen! Durch Gastbeiträge möchten wir anderen Perspektiven einen Raum geben, um unser Hauptthema, die Klimaschutzleistungen bewirtschafteter Wälder, in einen breiteren Kontext zu stellen und auch Leute von außerhalb der Forstwirtschaft zu Wort kommen zu lassen. Die Waldgang wählt einen ganz anderen Zugang zum Thema Wald und Bildung. Wir haben Linus interviewt und ihn ein bisschen über das Projekt ‚Waldgang mit Localbier‘ erzählen lassen.

Linus, magst du euch vorstellen?

Wir sind Jens, Linus und Philip aka die Waldgang. Was wir machen? Waldgang mit Localbier. Wir bieten Leuten auf unseren Touren die Möglichkeit, mit uns auf eine lockere Art und Weise etwas über den Wald zu erfahren und eine gute Zeit haben. Wir paaren die Vermittlung von Fakten über Flora und Fauna mit Tastings regionaler Craftbiere. Die Kombination kommt an. Das Ganze ist etwas unvorhersehbar geschehen, weshalb es wohl auch nicht verwundert, dass wir fachfremd sind. Keiner von uns ist Biologe oder Förster. Maschinentechniker, Sozialarbeiter und Gastronom sind die Dinge, die wir gelernt haben. Wald und Bier sind die Leidenschaften.

Wie kam es dazu, dass ihr die Waldgang geworden seid?

Zu unserer Geschichte: Wir kommen aus Hamburg, kennen uns schon ziemlich lange und waren immer viel draußen. Irgendwann haben wir angefangen uns näher mit dem Thema Wald zu beschäftigen. Haben uns Dinge wie Pilze bestimmen angeeignet, Wissen erweitert und vertieft. Wir trafen uns mit Pilzsachverständigen, Försterinnen und Förstern sowie Brauerinnen und Brauern und überprüften unsere Kenntnisse. Irgendwann guckst du dir auch die Wälder genauer an, willst Zusammenhänge verstehen. So wächst unser Wissen stetig. Da wir gerne gute Biere trinken, hat uns das immer auf unseren Streifzügen durch die Natur begleitet und auch hier wuchs die Neugier. Mittlerweile wird eigenes Homebrew hergestellt. Irgendwann wollten Freunde mit, dann Freunde von Freunden…Ende 2019 haben wir uns dann im Urlaub im Nordwesten Dänemarks zusammengehockt und ein Konzept entworfen. Waldgang mit Localbier war geboren. 2020 haben wir größtenteils Touren und erste kleine Events gemacht. Nebenbei immer am Konzept gefeilt.

Jetzt ist es April 2021, wir haben gegründet und sind bereit Leute mit Bier- und Waldkram vollzuquatschen. Man kann uns offiziell buchen.

Was genau erwartet jemanden, der mit euch in den Wald geht?

Unser Anspruch ist es nicht, alles über Wald oder Bier zu wissen und vermitteln zu können. Wir geben denen, die Interesse an Wald haben und volljährig sind einen schönen Einstieg. Da wir das machen, worauf wir Bock haben, sind wir wohl auch unsere Hauptzielgruppe. Leute, die gern draußen sind und was erfahren wollen. Wir bieten Umweltbildung mit einem lockeren und niedrigschwelligen Zugang für Erwachsene an. Ein Nebeneffekt ist im Idealfall, dass weniger Menschen planlos im Wald herumirren. Sei es zum Spazieren- oder Gassigehen, Kräuter- oder Pilze sammeln.

Gerade das Jahr 2020 hat gezeigt, dass die Gesellschaft (zumindest nach unserer Erfahrung in und um Hamburg) einen großen Bedarf hat raus zu gehen. Viele besinnen sich auf die Wälder zurück, nutzen diese als Erholungsort. Und das mehr als sonst. Klar, kann ja keiner wegfahren und rumfliegen wie gewöhnlich… Leider wissen wenige, wie sie sich richtig in der Natur verhalten. Wir haben das in Forst- sowie Naturschutzgebieten gemerkt. An den Wochenenden sind viele Gebiete extrem voll, Leute verlassen in den Naturschutzgebieten die Wege, lassen Müll im Wald liegen oder Grillen sogar. Konflikte mit den Menschen, die die Flächen betreuen und/oder bewirtschaften sind vorprogrammiert. Können wir helfen hier etwas zu vermitteln und dazu beitragen, dass es ein besseres Miteinander gibt freuen sich hoffentlich nicht nur wir. Am Ende profitiert die Umwelt.

Was vermittelt ihr?

Auf einem Waldgang mit Localbier erfahren die Teilnehmenden, dass Natur erleben nachhaltig und schonend, ohne rosa Brille und erhobenen Zeigefinger bestens funktioniert. Es ist viel Wert, wenn wir ein gutes Erlebnis und eine gute Erinnerung liefern. Alles locker verpackt. Das Bier ist quasi unser Schmiermittel. Da wir selbst die Habitate in denen wir unterwegs sind sehr wertschätzen, vermitteln wir das auch. So bleibt dann auch was hängen zeigt unsere Erfahrung. Oft ist unser Zugang das Interesse an Craftbier, Wildkräutern oder Pilzen bzw. eine Kombi aus den drei Punkten. Das vermitteln wir natürlich gern. Ist ja auch das, was wir feiern.

Unser Credo ist, wie schon angedeutet, den Teilnehmenden mehr auf den Weg zu geben. So kommst du z.B. nicht nur mit etwas Knowhow und spannenden Facts über Pils und Pilz nach Hause, sondern weißt auch wann und wo du Wege verlassen darfst, wie du dich im Forst oder Naturschutzgebiet verhältst, was die Rolle eines Habitatbaums ist und warum dir ein Klee Rückschlüsse über den Boden geben kann. Es kann aber auch einfach der Unterschied zwischen Buche und Eiche sein. Wir holen die Teilnehmenden da ab, wo sie sind.

Da wir eigentlich immer in bewirtschafteten Wäldern unterwegs sind, gehen wir natürlich auch auf das Thema Waldbewirtschaftung ein. Dazu wird auch oft was gefragt. Wir sehen Dinge hier rational. Waldbewirtschaftung bedeutet für uns, das Rohstoffe produziert, aber auch Klima- und Naturschutz bedeuten. Wälder haben viele Funktionen. Artenreicher Lebensraum, Arbeitsplatz, Erholungsort für die Gesellschaft, wichtiger CO2Speicher…
Klar, wir sind für mehr Naturschutzflächen und dafür, dass viel Totholz im Wald liegen bleibt. Wir sehen aber auch die Potenziale nachhaltiger Waldbewirtschaftung und wissen, dass Naturschutz und Waldbewirtschaftung sich nicht gegenseitig ausschließen müssen, sondern auch Hand in Hand gehen. Förster greifen ja auch gezielt in Gebiete ein, um Lebensräume zu schaffen oder sperren Waldflächen mal ab, um seltenen Arten in Ruhe die Aufzucht ihrer Jungen zu ermöglichen.

Mit Bäumen bzw. Holz sind wir auf einem Waldgang stetig von einem nachwachsenden Rohstoff, der CO2 speichert umgeben. Auch wenn der Baum nicht mehr verwurzelt im Wald steht. Jeder von uns nutzt Holz, hat was aus Holz bei sich stehen oder wohnt vielleicht in einem Haus, wo viel Holz verbaut wurde. In Punkto Klimaschutz, haben wir neben dem Holz noch die Pilzorganismen, die sich an der Speicherung von CO2 beteiligen. Und da Pilze auf unseren Touren immer irgendwie Thema sind erklären wir das auch gern.

In den Böden vorkommende Symbiosen zwischen Pilzorganismen und Pflanzen (Mykorrhiza) steigern laut wissenschaftlicher Studien der Uni Leiden in den Niederlanden das Potenzial der Vegetation, CO2 aufzunehmen und dieses auch in den Böden einzuspeichern. Und das nicht zu knapp. Einer der Gründe, weswegen wir Stellen nicht tot sammeln. Als Pilzsammler lassen wir alte und ganz junge Fruchtkörper (das was wir vom Pilz sehen, sammeln und zubereiten) stehen. Abgesehen davon, dass zu alte Pilze Lebensmittelvergiftungen hervorrufen können, sorgen sie mit ihren Sporen für Nachwuchs und so weiterhin mit für gesunde und intakte Böden. Zu junge Fruchtkörper können groß werden. Da freuen sich entweder die nächsten Sammlerinnen und Sammler oder Tiere, die den knackigen Steinpilz auch gerne snacken. Artenerhalt, Klimaschutz und Nachschub für den Korb in einem. Finden wir gut.

Der Wald, ob bewirtschaftet oder komplett der Natur überlassen, kann die Klimaerwärmung natürlich nicht stoppen. Das ist uns klar. Wälder spielen aber eine extrem wichtige Rolle und ohne sie kommen wir nicht aus. Regionale Produkte kaufen ist aber auch wichtig. Lokale Biere zum Beispiel. Geht es nach uns, bitte allgemein mehr auf nachhaltig statt kurzfristig setzen. Mehr Kreislaufwirtschaft statt Linearwirtschaft. Danke. Kräuter und Pilze werden bei uns immer direkt im Wald grob geputzt und Schnittreste dagelassen. Ist alles Boden, Baum oder auch Baustoff von morgen und verliert diese Funktion im Mülleimer zu Hause.

Das Schöne an einem Waldgang mit Localbier ist, dass man immer was Neues sieht, immer neue Leute kennen lernt und eine gute Zeit an der frischen Luft hat. Wir haben immer viel zu erzählen, müssen uns oft gegenseitig bremsen. Geben wir neben ein paar Funfacts über Flora und Fauna für den nächsten Kneipenabend noch was zum Nachdenken mit auf den Weg: Jackpot.

Wir nehmen die Leute an die Hand und drücken ihnen in die andere ein Bier. Wir denken, dass ein Waldgang mit der Waldgang eine sehr gute Sache ist.

Wer mitkommen möchte findet über unsere Website, auf Insta oder im Wald.

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